Römisch-katholische Kathedrale Notre-Dame de Paris

Der Brand der Kathedrale Notre-Dame de Paris fühlt sich an, als würde etwas von uns selbst wegbrennen. Alles ist vergänglich, ich weiß, und doch: Es ist bald Ostern – das Fest der Auferstehung! Notre-Dame wird auferstehen!! Am Montag, den 15. April 2019, einem Frühlingstag in Paris, ist die weltberühmte gothische Kathedrale Notre-Dame in Flammen aufgegangen. Nach ersten Berichten und Vermutungen scheint das Feuer im Kontext von Renovierungsarbeiten ausgebrochen zu sein.
Der Bau von Notre-Dame wurde im zwölften Jahrhundert begonnen. Ihre bildstarken Skulpturen galten als „liber pauperum“, ein „Buch der armen Leute“, welche an ihnen das Evangelium ganz ohne Buchstaben „lesen“ konnten. Die Kathedrale überlebte – nicht immer unbeschädigt – die Französische Revolution, den Ersten und den Zweiten Weltkrieg; man will die Hoffnung nicht aufgeben, dass sie wieder aufgebaut werden wird. Während ich diese ersten Gedanken notiere, wird mir deutlich, ist noch längst nicht abzusehen, wie groß der Schaden am Ende ist, aber er wird riesig sein.
Selbstverständlich habe auch ich meine Paris-Erinnerungen, wie viele andere Europäer auch. Ich bin sehr glücklich, auch mit Elli und den Kindern in Paris gewesen zu sein, bis es dort immer kritischer wurde, aus anderen Gründen. Auch ich ringe mit meiner Traurigkeit. Erlauben Sie mir bitte, einen Gedanken zu teilen, der mich in solchen Situationen des Verlustes ein ganz klein wenig tröstet.
Anfang 2001 zerstörten Taliban die großen Buddha-Statuen von Bamiyan (siehe Wikipedia). Ich sprach später mit einem buddhistischen Freund darüber. Ich suchte nach Worten, wie schrecklich ich das fand, und was er sagte, hat sich mir bis heute eingeprägt. Er sagte, sinngemäß: „Ich frage mich, ob der Buddha auch so traurig darüber gewesen wäre. Vielleicht nicht. Die zerstörten Statuen sind ja ein Symbol der Vergänglichkeit.“


Mehr als Holz, Steine und Mörtel

Beim Notre-Dame-Brand von 2019 waren es, nach allem, was man am Abend des Brandes weiß, nicht die Taliban oder ähnliche Zeitgenossen, sondern vermutlich eher ein Fehler bei den Renovierungsarbeiten, der zu der Katastrophe führte – doch die Trauer ist ähnlich. Ein Bauwerk, das vielen Menschen als heilig und symbolisch gilt, ist ja weit mehr als Holz, Steine und Mörtel. Eine Kathedrale wurde gebaut als Ort und Symbol des menschlichen Ringens, seinen Platz in dieser Welt zu verstehen. Menschen beten dort, um Hoffnung und Trost zu finden. Menschen versammeln sich zum Gottesdienst, um etwas von der Angst abzulegen, allein im Universum zu sein. Es ist normal und richtig und wichtig, dass wir traurig sind, wenn große Werke der Kunst und Kultur abbrennen.
In eine so kunstvoll angelegte Kathedrale wie Notre-Dame ist hineincodiert, wie wir als Menschen uns selbst sehen. „Seht her“, ruft der Künstler, der sein Allerbestes gibt, wenn der den Stein meißelt oder das glitzernde Glas gießt, „seht her, was wir Menschen können.“ – Ist es gut genug? Das soll der Gläubige selbst beantworten. Wir erfahren heute schmerzlich, wie vergänglich alles Dingliche ist. (Und wenn wir faul werden, dann auch das Geistige.) Wenn Notre-Dame brennt, dann brennen nicht nur Holz, Glas und Steine, sondern Symbole unseres Menschseins, deshalb sind wir so am Boden zerstört.
Am Montag, dem 15. April 2019, brannte Notre-Dame, doch schon am Abend des Brandes wissen wir, dass ein Dienstag, der 16. April 2019, kommen wird, und irgendwann auch der April 2020, und so fort. Wir werden neue Gedanken haben, neue Probleme, aber auch eine neue Perspektive – gewiss auch neuen Mut! Alles ist vergänglich, auch Notre-Dame, doch eine Ahnung sagt mir — oder mag es auch meine sture Hoffnung sein – dass die Geschichte noch lange nicht vorbei ist für „Unsere liebe Frau von Paris“ (so die Übersetzung des ganzen Namens „Notre-Dame de Paris“).
Ich entscheide mich dafür, den Brand von Notre-Dame als Symbol der Vergänglichkeit alles menschlichen Mühens zu deuten, sicherlich, und doch zugleich als Anlass der Hoffnung auf einen bald folgenden Neuanfang. Christen feiern in diesen Tage die Karwoche, beginnend mit dem Palmsonntag noch am Tag vor dem Brand, auf sie folgt der Ostersonntag, also die Feier der Wiederauferstehung Christi.
Es ist schmerzhaft, dieses Feuer von Paris, die Bilder verletzen uns, als würde es an uns selbst nagen, doch Notre-Dame wird wiederauferstehen! Es brennt, es treibt uns Tränen in die Augen, wir spüren, dass etwas weg ist, das nicht wiederkehren wird, doch gerade Ostern ist das Fest der Wiederauferstehung! – Es liegt an den Franzosen, an den Europäern, es liegt an uns selbst.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com.
Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.


Es gibt  viele die sich  ... über Notre Dame empören, sei es, weil es wieder aufgebaut wird, sei es, weil man mit Kirche und Christentum nichts mehr anfangen kann und will; man fühlt sich doch in moralischer Hinsicht in allen Belangen überlegen, so kommt es das mancher sich insgeheim oder gar öffentlich - [eine Trennung ist dabei oft nicht möglich weil man sich gern in allem entblößt] sich darüber freut das Kichen brennen.



Bahamas Antideutsche Kritik:  

Die Pariser Kathedrale oder die Verächter von Kunst, Christentum und Republikanismus, die nach der Katastrophe ein Zeugnis über eine zivilisationsgeschichtliche Amnesie ablegten, die insbesondere in Deutschland epidemisch zu sein scheint. Der innere Zusammenhang von Christentum und Aufklärung, Mittelalter und Moderne wird hierzulande im selben Maß verkannt, wie er unbewusst bei der Mobilisierung von Ressentiments gegen die dekadente Kirche oder vernünftelnde Theologie zutage tritt.



Die Pariser Kathedrale oder die Verächter von Kunst, Christentum und Republikanismus, die nach der Katastrophe ein Zeugnis über eine zivilisationsgeschichtliche Amnesie ablegten, die insbesondere in Deutschland epidemisch zu sein scheint. Der innere Zusammenhang von Christentum und Aufklärung, Mittelalter und Moderne wird hierzulande im selben Maß verkannt, wie er unbewusst bei der Mobilisierung von Ressentiments gegen die dekadente Kirche oder vernünftelnde Theologie zutage tritt.



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